Bonn, 18.09.2020 (BVWS)

Arbeitsschutzkontrollgesetz verfehlt bei Wurstmachern das Ziel

Bonn, 18. September 2020. Kennen Sie den Unterschied zwischen Wurst und Käse? Käse kann auch in Zukunft von einem Leiharbeiter oder Werkvertragsmitarbeiter aufgeschnitten werden. Wurst nicht. Der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V. (BVDF) kritisiert diese Ungleichbehandlung und warnt vor den Folgen für die Branche.

Stein des Anstoßes war es, im Bereich der Schlachtung und Zerlegung bessere Bedingungen zu schaffen. Dabei soll nun auch die Wurstbranche als Teil der Ernährungsindustrie mit in den geplanten Geltungsbereich des Arbeitsschutzkontrollgesetzes genommen werden, obwohl es hier keine Verstöße gegen die Arbeitsbedingungen gibt. Die Auswirkungen des geplanten Arbeitsschutzkontrollgesetzes treffen eine Branche, die nicht gemeint und nicht betroffen ist. Bei den fleischverarbeitenden Betrieben in Deutschland handelt es sich in der Regel um mittelständische Familienbetriebe. Von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen schlachten die Betriebe nicht selbst, sondern verarbeiten Fleisch sehr spezialisiert zu Wurst, Schinken oder Convenienceprodukten. „Mit den Arbeitsbedingungen in den großen Schlachtbetrieben ist die Herstellung von Fleischwaren überhaupt nicht zu vergleichen“ erklärt BVDF-Präsidentin Sarah Dhem im heutigen Pressegespräch. „Da uns die Politik – wahrscheinlich aus Angst vor der Befassung mit einem unpopulären Thema – aber nicht zuhört, wenden wir uns nun an die Öffentlichkeit, um unsere Situation darzustellen. Denn hier wird Unsinn zum Gesetz. Dies gilt es unter allen Umständen zu vermeiden. Wir wollen nicht schlechter behandelt werden als andere Lebensmittelbereiche – nur weil wir mit dem Rohstoff Fleisch arbeiten.“

Für problematisch hält der BVDF auch die handwerkliche Ausführung des Gesetzesentwurfs, da der Kernbereich der Produktion und das vorgesehene Kooperationsverbot nicht klar definiert sind. Wenn beispielsweise die Reinigung unter das Verbot fällt, dürften keine externen Reinigungsunternehmen aus der Region mehr engagiert werden. Für diese wäre der Wegfall eines großen Kunden existenzbedrohend und der fleischverarbeitende Betrieb müsste sich die Kompetenzen erst selbst aneignen. Ebenso ist nicht klar, ob die Verpackung von Fleischwaren zum Kernbereich gehört oder nicht. Ein Kooperationsverbot widerspricht nach Auffassung des BVDF nicht nur der unternehmerischen Freiheit, sondern bringt für die betroffenen Unternehmen und Menschen nur Nachteile.

Wurst ist traditionell in Deutschland ein saisonales Produkt: zur Grillsaison, zu Weihnachten, zum Oktoberfest und zu anderen Anlässen. Die Fleischwarenhersteller fordern deshalb Flexibilität und die unternehmerische Freiheit, für die saisonalen Spitzen und Aktionen Leiharbeiter zu engagieren. Darüber hinaus ist die Leiharbeit oft ein Einstieg in die reguläre Beschäftigung, gerade für Geringqualifizierte. Stattdessen ist damit zu rechnen, dass die Umsetzung des Gesetzentwurfs Arbeitsplätze kosten wird, welche ins Ausland abwandern werden. „Dies ist insbesondere für strukturschwache Regionen ein tiefgreifender Einschnitt“, befürchtet der BVDF.

Die Corona-Pandemie darf nicht als Druckmittel genutzt werden, um mit der Brechstange sozialpolitische Ziele durchzusetzen, die der Wirtschaft schaden und im Übrigen mit dem anlassgebenden Thema Hygiene überhaupt nichts zu tun haben. Sarah Dhem: „Es ist überhaupt keine Frage und selbstverständlich auch in unserem Interesse, dass Missstände mit klaren und deutlichen gesetzlichen Regelungen abgestellt werden. Dies muss aber zielgerichtet durch Verbesserung der konkreten Lebensbedingungen der Betroffenen in diesen Bereichen geschehen und darf nicht durch unangemessene und unausgewogene Einschränkungen in der Wurstbranche erfolgen.“

Der BVDF fordert daher, dass die Wursthersteller von dem Gesetz ausgenommen werden – wie andere Lebensmittelbereiche, Logistik und alle anderen Branchen. Außerdem muss es möglich sein, dass die Wurstbranche zumindest in saisonalen Spitzenzeiten und Aktionen des Handels auf Leiharbeiter zurückgreifen kann. „Dass unsere Produkte aus Fleisch hergestellt werden, kann nicht der Grund für einen derartig tiefen und völlig fehlgeleiteten Eingriff in unsere wirtschaftliche Freiheit sein“, so Sarah Dhem.

Bonn, 18.09.2020 (BVDF)